Training in der Physiotherapie - Krankengymnastik am Gerät

Stefan Österreicher • 23. September 2025

Training in der Physiotherapie - Krankengymnastik am Gerät


Gerätegestütztes Training gehört längst nicht mehr nur ins Fitnessstudio. In der modernen Physiotherapie ist die Krankengymnastik am Gerät (KGG) ein klar definierter Bestandteil der Heilmittelversorgung – und das völlig zurecht. Denn sie verbindet medizinische Wirksamkeit mit wirtschaftlicher Relevanz und therapeutischer Attraktivität.

Und das Beste: KGG kann regulär vom Arzt verordnet werden – und das bei gesetzlich versicherten Patienten sogar auch extrabudgetär. Aber was genau steckt hinter KGG? Für welche Patientengruppen ist es geeignet, wie läuft die Verordnung ab – und warum sollte keine Physiopraxis heute mehr darauf verzichten?


Aktive Therapiemöglichkeit und wertvolle Ergänzung

KGG ist eine aktive Therapiemöglichkeit mit medizinischen Trainingsgeräten und Zugapparaten. Im Fokus steht die gezielte Kräftigung der Muskulatur, das Ziel ist aber auch die Verbesserung von Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination, gerade für die Belastbarkeit im Alltag. Zudem profitiert das Bindegewebe, insbesondere das fasziale System, nachweislich vom Training – durch die Anregung von Zellneubildung und -strukturierung. Typische Indikationen sind u. a. Bandscheibenvorfälle, degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule, Rupturen der Rotatorenmanschette, Gelenkinstabilitäten, Impingement-Syndrome, Zustände nach Brüchen bzw. OPs oder Verletzungen von Sehnen und Bändern. Darüber hinaus kann KGG auch bei anderen Krankheitsbildern eine wertvolle Ergänzung sein – z. B. bei gut eingestelltem Bluthochdruck, während einer Chemotherapie, in der Therapie bei COPD oder zur Unterstützung bei Diabetes mellitus. Das Training erfolgt stets unter Anleitung speziell geschulter Physiotherapeuten, inkl. einer regelmäßigen Überprüfung und Anpassung des Therapieplans.

Die Voraussetzungen für die Durchführung in der Praxis sind klar: Für die Zulassung durch die Krankenkassen ist eine zusätzliche Trainingsfläche mit mindestens 30 m², eine im Bundesrahmenvertrag definierte Auswahl an ausreichend Kraft-, Ausdauer- bzw. Kombinationsgeräten sowie eine Zusatzqualifikation der Therapeuten unabdingbar. Wer diese Anforderungen erfüllt, kann neben privatversicherten Patienten auch gesetzlich Versicherte mit einem KGG-Rezept versorgen. Eine Behandlungseinheit dauert – anders als beispielsweise Termine für die Manuelle Therapie (MT) oder die Krankengymnastik (KG) – in der Regel 60 Minuten und kann auch als Gruppentherapie (bis zu drei Patienten pro Stunde) durchgeführt werden. Nach der Befunderhebung und der Festlegung eines gemeinsamen Therapieziels wird zu Beginn ein individueller Therapie- bzw. Trainingsplan und im Laufe der Behandlung ein Eigenübungsprogramm für zu Hause erstellt.


Therapeutische Versorgung durch KGG: Keine Option, sondern ein Muss!



Vorteile für alle Beteiligten:

Für Ärzte:

Wer nach einem Patientengespräch als Arzt KGG verordnet, weiß: Meine Patienten sind langfristig physiotherapeutisch betreut und werden nicht nach drei Einheiten wieder in der Praxis stehen. Stattdessen erfolgt die Versorgung evidenzbasiert und strukturiert – inklusive Heimübungen (dies fordert u. a. auch die aktuelle S3-Leitlinie Gonarthrose). Die ärztliche Verordnung sollte dabei so lange erfolgen, wie eine medizinische Notwendigkeit vorliegt. Ist diese nicht mehr gegeben, kann der Patient im Idealfall nahtlos in ein Selbstzahlerangebot der Physiopraxis übergehen. So bleibt die Trainingsbetreuung fachlich fundiert und der nachhaltige Therapieerfolg gesichert. Ausnahme: Die Verordnung der gesetzlich Versicherten kann in bestimmten Fällen sogar dauerhaft budgetfrei erfolgen – als besonderer Verordnungsbedarf, als langfristiger Heilmittelbedarf oder als Blankoverordnung für die Schulter. Für Versicherte mit solch einer Diagnose können notwendige Heilmittel direkt für eine Behandlungsdauer von bis zu 12 Wochen pro Verordnung (Blankoverordnung sogar 16 Wochen) verschrieben werden. Dabei bemisst sich die Anzahl der Behandlungseinheiten nach der wöchentlichen Therapiefrequenz. Zudem gilt die im Heilmittelkatalog festgelegte Höchstmenge pro Rezept bei all diesen Diagnosen nicht (somit sind z. B. auch mehr als 6 x / VO möglich).

Für Praxisinhaber:

KGG ist aus wirtschaftlicher Sicht hochattraktiv. Durch die Möglichkeit der Gruppentherapie entsteht ein effizienter Stundenumsatz, bei gleichzeitig hoher Behandlungsqualität. Ein weiterer Vorteil: Wenn die Praxis neben den ärztlich verordneten Leistungen wie KGG das Portfolio um präventive Leistungen wie z. B. zertifizierte Präventionskurse nach §20 SGB V und Selbstzahlerangebote erweitert, entsteht die Möglichkeit, Patienten im Anschluss an die KGG langfristig an die Praxis zu binden. So wird aus therapeutischer Betreuung ein nachhaltiges Trainingskonzept – medizinisch sinnvoll und betriebswirtschaftlich relevant. Des Weiteren positioniert sich die Praxis als moderner Arbeitgeber: Ein großzügiger Trainingsbereich mit aktiver Therapie spricht gezielt jüngere Fachkräfte an, die zunehmend Wert auf zeitgemäße Arbeitsbedingungen jenseits der eng getakteten 20-Minuten-Termine legen.

Für Therapeuten:

Viele Physiotherapeuten wünschen sich mehr Zeit mit den Patienten und mehr Fokus auf aktive Therapie. KGG liefert beides. Das betreute Training ermöglicht individuelle Betreuung über 60 Minuten, mit klaren Zielen, spürbarem Therapieerfolg und einen strukturierten Einstieg in ein eigenständiges, gesundheitsorientiertes Training. Für viele ist das eine willkommene Abwechslung zum klassischen Setting – verbunden mit höherer Jobzufriedenheit.

Für Patienten:

Evidenzbasiertes Training bringt echte Fortschritte – das ist längst wissenschaftlich belegt. Im Gegensatz zu manchen Fitnessstudios erhalten die Patienten hier ein gezieltes, begleitetes Pro-gramm, das auf medizinischen Grundlagen basiert. Eine falsche Übungsausführung inkl. Fehlbelastungen wird vermieden, der Trainingserfolg steigt. Die Gruppenatmosphäre (max. drei Personen) kann den Spaßfaktor, Motivation und Compliance erhöhen – und die Motivation länger erhalten. Zusätzlich profitieren die Patienten von Übungen für zu Hause und dem fließenden Übergang in ein langfristiges Eigenprogramm (Stichwort: Präventionstraining).

Fazit

KGG vereint medizinische Wirksamkeit mit wirtschaftlichem Potenzial – und ist damit genau das, was moderne Physiotherapie braucht. Für Praxen, die sich zukunftssicher aufstellen wollen. Für Therapeuten, die mit Evidenz und Zeit arbeiten möchten. Für Ärzte, die ihren Patienten eine langfristige Lösung bieten wollen – ohne direkt in Budgetprobleme zu geraten. Somit ist KGG kein „Nice-to-have“ – es eröffnet den Physiopraxen neue Möglichkeiten in der strategischen Praxisausrichtung und ist der nächste logische Schritt in der Weiterentwicklung unserer Gesundheitsversorgung.
Hast du darüber hinaus konkrete Praxisfragen zum Thema oder ist dir weiterhin etwas unklar?

Dann schreibe uns gerne eine Nachricht – wir stehen dir für alle Fragen rund um das Thema "Verordnungsmöglichkeiten für KG-Gerät" jederzeit zur Verfügung!



Dieser Text wurde in der Ausgabe #3/2025 der Sportärztezeitung veröffentlicht:




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